Marielle Vogler, Nicaragua

Ich bin unterwegs mit Marielle, einer Schweizerin, die in den 80er Jahren als Krankenschwester nach Nicaragua kam, um in Gesundheitsprojekten zu arbeiten und beim Aufbau des Landes nach der Revolution mitzuhelfen. In Ciudad Sandino, einer Kleinstadt fünfzehn Kilometer von Managua entfernt, besuchen wir diverse Projekte, in denen sich Marielle damals engagierte. Eines davon ist ein Hort für Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Autistische Kinder sind darunter; die meisten, verstossen von ihren Eltern, bleiben ihr Leben lang in diesem Hort.

Nach etlichen Besuchen solcher sozialen Institutionen habe ich den Eindruck, ohne internationale Hilfe scheint in diesem Land oftmals nichts zu gehen. Man erzählt mir: Dank der Unterstützung einer NGO, einer internationalen Kooperation etc. erreichten wir dies, verbesserten wir jenes, aber nun fehlt es uns an presupuesto, an Budget – sprich Geld, und der Staat uebernimmt nur die Haelfte, oder fast nichts, und jetzt ist alles noch schlimmer, die ökonomische Krise,… Ich bin mir bewusst, dass die Kooperationen ein Geben der Leute fordern und die Hilfsprogramme mehrheitlich gut geführt, die Ausgaben kontrolliert sind. Dennoch habe ich manchmal den Eindruck, viele Leute haben sich an die internationale Hilfe gewöhnt, das Nehmen wird zur Selbstverständlichkeit. Ist diese Erwartungshaltung vermeidbar? Ich denke nicht. Es ist eben auch eine menschliche Redaktion.

Anita Cassese berichtet aus Managua

Anita Cassese (Jg. 1976) arbeitet seit Februar 2009 als Stagiaire bei der nicaraguanischen Tageszeitung El Nuevo Diario in Managua. Die MAZ-Absolventin studierte Hispanistik, Soziologie und Ethnologie an der Universität Bern und ist als freie Journalistin für verschiedene Schweizer Zeitungen tätig. 

> Quelle: http://www.maz.ch/work/stages/Cassese.htm